Geschichte

Bericht von Pfarrer Eitel
(Gemeindepfarrer von 1947 bis 1954)

Eines Tages - wir befanden uns im Jahre 1947 – im 2. Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges berichtete mir ein Bieberbacher Kirchenvorsteher: „Ich hatte einen Traum. Da kam ich von Hartenreuth herein und erblickte auf einmal über unserem Dorf oben am Froschfelsen eine Kirche mit ihrem Turm.“

Ja, es war ein alter  Traum der Bieberbacher ein eigenes Gotteshaus zu haben. Meine Vorgänger im Amt wollten sich mit der Verwirklichung dieses seit langer Zeit gehegten Wunsches nicht gerne befassen. Sie waren es gewohnt, daß die Bieberbacher Gemeindeglieder und die aus den anderen Außenorten (Entfernungen bis zu 8 Kilometer!) Sonntag für Sonntag treu, meist zu Fuß, nach Affalterthal zu den Gottesdiensten kamen. Ich dachte, man müsse dem Wunsch so vieler Gemeindeglieder entgegenkommen und begann mich mit den Gedanken an einen Kirchbau vertraut zu machen. Unter Einschaltung des Kirchenvorstandes und des Dekanates wurden die ersten Hürden genommen. Nach längerem vorbereitenden Schriftwechsel und schwierigen persönlichen Gesprächen beim Landeskirchenamt in München wurde schließlich Architekt Pfeiffer-Hardt in Bayreuth beauftragt, Pläne zu fertigen. Von Anfang an war unser Ziel, ein fränkisches Kirchlein mit Turm zu errichten, was auch den Vorstellungen des Architekten entgegenkam. So gelang es, einen Bau zu erstellen, der sich ideal in die Landschaft einfügt, als würde er schon seit Jahrhunderten dort stehen. Nicht wenigen Gemeindegliedern war es ein echtes Gebetsanliegen, daß das Werk gelingen möge. So ist es auch nicht verwunderlich, daß wir am Samstag, dem 19. Juni Anno Domini 1948 – einen Tag vor der Währungsreform – den Grundstein legten im Vertrauen darauf, daß wir mit Gottes Ja rechnen durften zu unserem Tun.

Die Grundsteinlegung

Die Grundsteinlegung fand statt im Rahmen einer Dekanatsvisitation durch Dekan Hans Ackermann – Gräfenberg. Der heftige Regen störte nicht, als wir uns mit allen Pfarrern des Dekanats an der Baustelle versammelten. (Diese befand sich genau neben dem Froschfelsen, wo die politische Gemeinde das Baugrundstück kostenlos zur Verfügung gestellt hatte.)

Viele Einzelheiten vom Tage der Grundsteinlegung wären hier zu berichten. In besonderer Erinnerung ist mir der wackere Dorfschmied Konrad Dennerlein. Er benötigte zwar infolge des Regenwetters geraume Zeit zum Verlöten der Kassette, die dann Oberkirchenrat Burkert (Bayreuth) in den Grundstein versenkte. Aber schließlich wurde die Kassette vom Schmiedemeister dem Kreisdekan übergeben mit Worten, die spontan dem Gesangbuchvers nachempfunden zu sein schienen!

„Meine Augen stehn verdrossen,
im Nu hab ich die Kassette geschlossen,
wo bleibt dann Leib und Seel?
Nimm sie zu deinen Gnaden – Herr Oberkirchenrat –
sei gut für allen Schaden,
du Aug und Wärter Israel.“

Während der Zeit des Kirchbaues waren die Geldmittel äußerst knapp, die zur Verfügung standen. Aber die Bieberbacher ließen sich nicht beirren. Berufsmäßige Bauarbeiter konnte man an den Fingern einer Hand abzählen. Dafür leisteten vier Jahre lang kräftig Hand- und Spanndienste Bieberbacher Bürger, Männer und Frauen im Alter bis zu 60 Jahren und noch darüber. Stellvertretend für alle sei ein Name genannt: Hans Förtsch aus dem Haus Nr. 38 mit all seinen Mitarbeitern.

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Die Bruchsteine zum Bau wurden aus der Umgebung beschafft. Altar, Kanzel und Taufstein sind schwere einzelne Quader. Man mußte auskommen ohne Baumaschinen und ohne Baukran. Gerade diese Einzelheiten schienen sich damals bis nach München herumgesprochen zu haben; denn nach der Grundsteinlegung besuchte uns unser Landesbischof Hans Meiser persönlich an der Baustelle.

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Das Richtfest

Das Richtfest fand am 31. Oktober, dem Reformationstag des Jahres 195O statt. Im noch nicht ausgestalteten Kirchenraum hielten der Kreisdekan und der Ortspfarrer die Ansprachen. Die Jugendgruppe Bieberbach bot ein Christophorusspiel der versammelten Gemeinde dar.

Die festliche Einweihung des Gotteshauses konnten wir dankbar begehen am 29. Juni 1952, dem 2. Sonntag nach Trinitatis. Oben am Ortseingang von Affalterthal her war ein Spruchband über die Straße gespannt mit der biblischen Mahnung aus Jeremia 22 Vers 29:
O LAND, LAND, LAND, HÖRE DES HERRN WORT!

Unter dem Klang der Posaunen setzte sich der Festzug in Bewegung beim alten Bethaus (Bethaisl) am See. An der Spitze des Zuges begleiteten die Pfarrerschaft und Kirchenvorsteher der damalige Patronatsherr, Freiherr Hans von Egloffstein, der Landrat Heinrich Dittrich aus Pegnitz, Bürgermeister Johann Körber und viele sonstige geladene Gäste. (Das Geschehen im Dorf vom Samstagnachmittag ab bis zum Beginn des Gottesdienstes am Sonntag wurde durch einen ehemaligen Kriegskameraden des Ortspfarrers im Film festgehalten.)

Einmalig war bei der Einweihung der Kirche in Bieberbach, daß nicht nur ein, sondern zwei Kreisdekane mitwirkten und zwar Oberkirchenrat Karl Burkert (Bayreuth) und Oberkirchenrat Julius Schieder (Nürnberg). Das Dekanat Gräfenberg und damit auch die Pfarrei Affalterthal war nämlich während der Zeit des Kirchbaues vom Kirchenkreis Bayreuth ausgegliedert und dem Kirchenkreis Nürnberg einverleibt worden. Am Kirchenportal unter dem Schlußstein mit den drei Kreuzen erfolgte die Schlüsselübergabe. Im Festgottesdienst predigte Oberkirchenrat Burkert über Lukas 19, 1 - 9a: Jesus begegnet Zachäus. Der Prediger führte die Gedanken aus: Jesus wirkt, wo die Fronten sich klären und wo Sünder sich bekehren.

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Längst nicht alle, die mitfeierten und zuhörten, fanden Platz im Kirchenraum. So wurde der Gottesdienst nach außen übertragen durch Lautsprecher, die man vorsorglich bereitgestellt hatte.

Am Nachmittag hielt in der neuen Kirche Oberkirchenrat Schieder einen Vortrag über das Thema: „Das Herz aller Dinge.“

Die Glocken

Eine durch die Kriegswirren hindurch gerettete, ehemals in Schlesien beheimatete Glocke rief in der Folgezeit Sonntag für Sonntag die Gemeinde zum Gottesdienst. Die Spendenfreudigkeit der Gemeindeglieder in der Folgezeit machte es möglich, daß zwei weitere neue Glocken hinzukamen. Gleichzeitig wurde auch ein elektrisches Läutewerk installiert.

Die Glockenweihe hielt Pfarrer Eitel, der inzwischen an der Gustav Adolf Kirche in Nürnberg tätig war und ab 1966 in München an der Samariterkirche. Ortspfarrer war inzwischen Hermann Weiler geworden (nach Pfarrer Dietrich Sänger und Pfarrer Hatto Hack.) Die Glockenweihe fand statt am 12. November 1972.

Am 4. Juli 1982 konnte das 30-jährige Kirchenjubiläum begangen werden. Inzwischen lebte ich im tätigen Ruhestand in Würzburg. So war es mir eine große Freude den Gottesdienst halten zu dürfen. Ich predigte über Matth. 11,28: KOMMET HER ZU MIR ALLE, DIE IHR MÜHSELIG UND BELADEN SEIN; ICH WILL EUCH ERQUICKEN. Möge uns dieses Jesuswort allezeit vor Augen sein, damit wir seiner Einladung folgen und sie nicht ablehnen!

Anmerkung: REFORMATIONS-GEDÄCHTNIS-KIRCHE heißt das schlichte Gotteshaus zur steten Erinnerung an unseren Reformator Martin Luther und an die Tatsache, daß Kirchenerneuerung und damit Erneuerung unseres persönlichen geistlichen Lebens immer wieder nötig ist.

Gott, unser Herr segne dazu die Gemeinde in Bieberbach durch unseren Heiland Jesus Christus!

Geschrieben im Advent des Lutherjahres 1983

[gezeichnet] Bernhard Eitel